Der Gundermann

Der Gundermann oder die Gundelrebe, wie er auch genannt wird, gehört zu den Lippenblütlern, den Lamiaceen, wie Melisse, Rosmarin, Salbei oder Pfefferminze.

Er ist eine alte keltisch- germanische Heilpflanze und sein Name leitet sich vom germanischen „ gund“ ab, was so viel wie Eiter, Beule oder faulige Flüssigkeit bedeutet.

Gundkrankheiten sind langwierige, hartnäckige und zehrende Geschichten, die lange nicht heilen wollen. Es sind vor allem eitrige Wunden und Krankheiten mit eitrigem Ausfluss oder Auswurf, bei denen der Gundermann oft zusammen mit der Hauswurz eingesetzt wird.

Er ist ideal bei allen Krankheiten, bei  denen das Vertrauen in die eigenen, inneren Heilungskräfte verloren gegangen ist. Er stärkt im Menschen den Glauben an das Wunderbare und schenkt Geduld, innere Ruhe und Gelassenheit. Er lässt uns Emotionen und Zustände, die bewusst  oder unbewusst festgehalten werden, loslassen und gibt den Weg frei für  Erneuerung. Hier ist ihr Pflanzenwesen und Einsatzgebiet ähnlich der Großen Klette. Der Gundermann durchdringt mit seiner Wärme kalte, erstarrte innerliche Prozesse.

Dazu zählen Abszesse, Fisteln, eiternde Zähne, Kiefervereiterungen, Nebenhöhlenentzündungen, eitrige Lungen- und Nieren- Blasenerkrankungen, schlecht heilende Wunden, Akne, Ohrenschmerzen, Tinnitus, Mundfäule oder Hüftgelenksentzündungen.

Er wirkt blutstillend und durch seinen bitter-scharfen Geschmack anregend auf Leber-Galle, Herz und Lunge. Er ist ein ideales Kraut für die Frühjahrskur zusammen mit Schafgarbe, Löwenzahn, Brennnessel, Kerbel und Gänseblümchen.

Außerdem fördert er die Bleiausschwemmung aus dem Körper und war wichtig für Maler, Büchsenmacher, Automechaniker und Drucker.

Wie alle Lippenblütler hat der Gundermann einen vierkantigen Stängel und enthält viel ätherisches Öl. Er ist ihr erster Vertreter im Frühjahr bei uns und besitzt eine große Wärme. Er hat eine besondere Beziehung zur Milch. In vielen Rezepturen wird empfohlen, den frisch gepressten Saft mit Ziegen- oder Buttermilch zu vermischen, da dadurch die fettlöslichen ätherischen Öle besser herausgelöst werden. Aber auch als Schutzpflanze für Vieh und Milch wurde der Gundermann in früheren Zeiten verwendet.

Er hat Beziehung zu Mond und Saturn und ist deshalb eine Pflanze für Zeiten des Loslassens und Neubeginns. Der Saturn steht für das Alte, Verbrauchte und der Mond für das Neue, Reine, Unschuldige und Unverarbeitete.

Hildegard von Bingen schätzte seine Viriditas, seine grüne Kraft. Sie empfahl ihn für Husten, Schmerzen in der Brust und Mattigkeit und für Menschen, denen die Vernunft schwindet.

Er wirkt durch seine Saponine und ätherischen Öle schleimlösend und durch die enthaltenen Gerbstoffe austrocknen und zusammenziehend bei eiternden, wässrigen Ekzemen und schlecht heilenden Wunden. Seine Bitterstoffe , z. B. das Glechomin regen die Verdauung an und stärken Herz und Leber. Das Glechomin ist allerdings für Tiere, vor allem Pferde giftig. Diese reagieren mit Spreitzstellung und röchelnder Atmung.

Der Gundermann vermehrt sich schnell und bildet bis zu 1 m lange oberirdische Ausläufer. Er schlängelt sich am Boden wie Efeu. Zur Zeit der Blüte stellt er einzelne Stängel gerade auf , die Blätter daran sind kleiner und 2 Blätter sind jeweils wie 2 zusammengefaltete Hände nach oben gerichtet. Die Blätter sind herz- oder nierenförmig, gekerbt und mit feinen weißen Haaren  überzogen. Er steht am liebsten an Zaun und Mauer, liebt feuchte, nährstoffreiche Böden und verträgt sowohl Sonne als auch Schatten.

Er hat einen unaufdringlichen Habitus und bescheidene blaue Blüten. Er verkörpert Ausdauer und Robustheit und trägt auch im Winter seine Blätter, die dann rot werden.

Der Gundermann zählt zu den Pflanzen, die in unmittelbarer Nähe des Menschen wachsen wie Brennnessel, Hauswurz und Holunder, den sogenannten anthropochoren Pflanzen, den Menschenfreunden.

Früher galten sie als Verkörperung der guten Haus- und Hofgeister, die Menschen in Zeiten der Not wie kleine Heinzelmännchen ihre Hilfe anbieten. An bestimmten Tagen stehen wir in besonderer Verbindung zu den kosmischen Kräften. Solch ein Tag ist der Gründonnerstag und so verwundert es nicht, dass der Gundermann auch in der Gründonnerstagssuppe zu finden ist neben Brennnessel, Spitzwegerich, Gänseblümchen, Sauerampfer, Kerbel, Schafgarbe, Vogelmiere und Bärlauch.

Früher wurde der Gundermann als Bierwürze zusammen mit Brennnessel und Löwenzahn verwendet. Diese Bierkräuter wurden der erhitzten Maische zugegeben, um den Labtrunk zu klären, zu würzen und haltbar zu machen.

Andere Namen des Gundermann sind auch Gartenhopfen oder Erdhopfen oder auch Gill , was aus dem Französischen guille= Bier fermentieren kommt.

Vor allem bei den Engländern war Gundermannbier sehr beliebt, diese nannten ihre Bierschänken auch Gill- houses. Hopfen wurde erst viel später zur Bierherstellung verwendet und in der Antike nur als Gemüse (Hopfenspargel) gegessen.

In England war Hopfen als Zusatz zu Bier lange Zeit verboten und als böses Kraut, das den Geschmack des Bieres verdirbt, die Menschen krank macht und ihr Leben verkürzt.

Der Hopfen kam vor allem dadurch mehr in Gebrauch, dass die Mönche merkten, dass der Hopfen den sexuellen Trieb beruhigt. Seit dem Reinheitsgebot von 1516 darf nur noch Gerstenmalz, Hopfen und Wasser verwendet werden.

Medizinisch wird der Gundermann vor allem als frische Pflanze verwendet. Dazu kann man ihn von März bis Juni sammeln, aber auch noch bis in den Winter hinein.

Verwechslungsmöglichkeiten bestehen nur mit dem Ehrenpreis, dessen Stängel aber stark verzweigt sind und der nicht aromatisch riecht.

Für Hautbeschwerden ist vor allem das Wundblättchenöl, das Susanne Fischer-Rizzi beschreibt geeignet. Man sammelt dafür frische Gundermannblätter, säubert sie ohne sie zu waschen und macht ein Schraubglas 1/3 bis1/2 voll, presst die Blätter an und stellt das Glas 4 Tage in die Sonne. Am Boden sammelt sich dann eine helle Flüssigkeit, das Öl der Pflanze, das man abseiht und in ein dunkles Glas gibt. Zur besseren Haltbarkeit kann man 45%igen Alkohol dazugeben und das ganze kühl lagern. Wunden kann man mit dem Öl mehrmals täglich bestreichen. Die Tinktur bitte 1:3 verdünnen.

Als Badezusatz nimmt man 5 Handvoll Kraut auf 5 Liter Wasser, kocht dies ab und gibt es dem Badewasser zu.

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